(ww) Dr. Ulrich Fegeler, Kinder- und Jugendarzt sowie Mitglied des Expertengremiums des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) berichtet mit Bezug auf eine umfassende amerikanische Studie, dass Mädchen die Diagnose „Autismus“ in der Regel 1,5 Jahre später als Jungen erhalten.
„Problematisch ist, dass Mädchen seltener als Jungen Autismus entwickeln und deshalb häufig Eltern und Kinderärzte zunächst nicht daran denken. Ist die Sprachverzögerung in der Entwicklung kaum oder nur geringfügig ausgeprägt, dauert es viel länger als bei Jungen, bis Mädchen die Diagnose ‚Autismus‘ erhalten“. Eine frühzeitige Diagnose sei jedoch sehr wichtig, da Fördermaßnahmen in der frühen Kindheit bei Autismus besonders wirkungsvoll sind. Erste für Autismus typische Auffälligkeiten könnten bereits im ersten Lebensjahr bei einem Kind auftreten. Spätestens im zweiten Lebensjahr seien sie bereits voll erkennbar, so Dr. Fegeler.
„Frühe Anzeichen für Autismus können z.B. sein, wenn ein Kind keinen oder nur wenig Augenkontakt hält, wenn es keine Reaktion zeigt, wenn Eltern lächeln. Die Mimik des Kindes erscheint Eltern oft undurchschaubar. Kinder wirken ‚selbstgenügsam‘ und nehmen anscheinend keine Notiz von ihrer Umgebung“, beschreibt Dr. Fegeler die Merkmale. Zusätzlich wiederholen Kinder mit Autismus oft bestimmte Bewegungen, allgemein als “Stereotypie“ bezeichnet und lehnen Veränderungen im Alltag ab. Sie haben Beeinträchtigungen in Aufbau, Gestaltung und Beendigung zwischenmenschlicher Beziehungen und oftmals bei der Anwendung funktionaler Sprache. Auch die nonverbale Kommunikation, wie das Erkennen von Gestik, Mimik oder Blickkontakt einer anderen Person, ist meist eingeschränkt.
Ein Unterschied bei den frühen Anzeichen für Autismus zwischen Jungen und Mädchen scheint, so die Studie, die Entwicklung der Sprache. Bei Mädchen ist sie meist nicht so stark beeinträchtigt als bei Jungen. Bei den anderen Autismus-typischen Symptomen, wie Probleme im sozialen Umgang oder Wechselseitigkeit beim Spielen mit anderen, konnte die Studie keinen Unterschied aufzeigen.
Die Studien:
Benson k. Statewide autism study finds later diagnoses for girls, hight rates of co-occuring disorders. Brown University, January 20, 2020. https://www.brown.edu/news/2020-01-20/ri-cart
McCormick CEB, Kavanaugh BC, Sipsock D, et al. autism heterogeneity in a densely sampled u.s. population: results from the first 1,000 participants in the RI-CART Study [published online ahead of print, 2020 Jan 20]. Autism Res. 2020. https://doi.org/10.1002/aur.2261.